Bloß a gschicht

Kurz vor Weihnachten is gwesn, 97 und des erste Moi san se olle Menschn auf dera Wöid einig gwen und ham se entschlossn dass zammramman und gehen. Mia olle ham erkannt dass de Wöid Gott is und dass ohne Gott koa Wöid gem kon, mia ham erkannt das ma unwichtig san und uns nimma vermehrn derfan.
Im Somma 98 is des letzte Kind auf d’ Wöid kemma und von Tibet bis nach Bad Tölz, von Zagreb bis Honduras is koa Frau mehr schwanga worn und mia ham ogfangt das ma wieda Afrikana wern. 2008 war da jüngste Mensch auf deara Wöid 10 und zu dem Zeitpunkt hods scho koane Schwangaschaftsuntersuchungen und koane Kindergärtn gem, koane behinderten Kinda san mea auf d’ Wöid kemma und koane Schreie aus Brutkästn von kloane süchtige Lebewesn warn mea zum hean.
Koa Kindamißhandlung und koane Teppiche san mea knüpft worn in Indien. Mia warn mit Auframma beschäftigt und ham de Zeit vergessn. 2028 war da jüngste Mensch auf deara Wöid 30 und es hot koane Obdachlosn und Penna mea gem, koane Slums und koane Lehrstoin, koane Tiertransporte und Öltanka san mea gfahrn.
De Wöid werd Afrika hamma gsogt und ham weida aufgrammt. 30 Johr späda war da jüngste Mensch 60 und es hod nu 15 Millionen Menschn gem auf da Wöid. Koane Landratsämta und koa Polizei, koane Gfängnisse und koane Morde. Olle hod ois gheat und ganze Städte warn leer. Koane Politika und Pfaffn, koane Deala und Diebe, koan Krebs und koa Aids.
Es hod nu 500000 Menschn gem auf deara Wöid und da Jüngste war 70. Koa Brandrodung und koan Strassnbau, koa Altersheim und koa Krankenhaus war mea do, koane Vasicherungen und koa Rentn, koane Lügna und koane Reichn und koane Arma hods mea gem.
Numoi 30 Johr späda is a oida Mo von seiner Hausbank aufgstanden und er hod gspüat das a da Letzte is auf deara Wöid und dass fertig woarn san mim auframma. Er is zum letztn Moi durch sei Haus ganga und sein Gartn und wia ois sauba war hod a se aufn Hoamweg gmacht. Er hod da Letzte sei derfa und er is ganga wia a Großa, s Land war weiß und da Mond hod zuagnumma an seim Dog und er is Richtung Südn zogn. Da Woid war stad und a Sonn is aufganga wiara okemma is am Meer. Er hod se nimma umgschaut und is langsam aussegschwumma, koa Hass war in eam, koa Neid, koa Zorn, koane Sorgn und koa Leid hods gem auf dera Wöid.
Er is aussegschomma da Sonn hintaher und er war alloa. Er war da Letzte und er hod koan Wal mea troffa auf seim Weg hoam. So samma eines Tages olle vor Eam gstandn und Er war gerührt und hod Tränen ghabt in de Augn weil a erkannt hod das ma olle seine Söhne und Töchta san, Schwestern und Briada. Und mia, ja mia san durch unsa Geh des worn wos ma mit Bleibm nia werdn hädn kinna.
Väta und Mütta
Afrikana und Afrikanerinnen
Jah Rastafari
Gott
Afrika

– Hans Söllner

Offensichtlich keine Hoffnung

Offensichtlich keine Hoffnung

Wir treffen am Einsatzort ein.
Wir werden von der Tochter empfangen.
Wir lesen aus ihren Augen.
Beinahe gleichzeitig treffen wir auf Sohn und Enkel.
Auch in ihren Augen lesen wir.
Endlich bei der Patientin versorgen wir sie
und lesen in ihren Augen.
Der endlich eingetroffenen Arzt untersucht die Patientin
und schreibt eine Einweisung in das Krankenhaus.
Wir lesen auch in seinen Augen.
Im Krankenhaus angekommen übergeben wir die Patientin.
Wir lesen in den Augen des Krankenhauspersonales.
Wir fahren wieder auf die Dienststelle.
Zwei Tage später hören wir was wir bereits in den Augen lasen.
Wieder ein Patient für den wir nichts mehr tun konnten.
– sanados

Dringender Einsatz

Dringender Einsatz

Ich stehe vor dem Spiegel.
Ich sehe einen blutigen Handaufdruck auf meinem Hemd.
Und ich erinnere mich.
Noch einmal lebe ich den Notfall durch.
Als der Pager auf “dringend” losging.
Wie ich von der Leitstelle den Einsatzort bekam.
Und der Leitstellendisponent mir erklärte das es sich um einen Selbstmordversuch handelt.
Ich erinnere mich, wie wir in den Rettungswagen einstiegen.
Unter Folgeton und Blaulicht erreichten wir den Einsatzort.
Bereits beim Aussteigen vernahmen wir die Schreie der Patientin.
Dann weiß ich kaum noch etwas.
Wir wurden gut ausgebildet.
Instinktiv ergriffen wir erfolgreich lebensrettende Sofortmaßnahmen.
Auch die Fahrt ins Krankenhaus lief nach Schema ab.
Wir übergaben die Patientin in die helfenden Hände der Ärzte.
Dann sind wir wieder zurück auf die Dienststelle.
Und hier stehe ich nun vor den Spiegel und erinnere mich.
Erinnere mich an Ihre Schreie.
Es war immer nur ein Satz.
Ein Satz den sie immer wieder schrie.
Es waren bloß drei Worte.
Drei Worte die ihr soviel bedeuteten.
Sie schrie: “Laßt mich sterben!”
Ich denke …
Keine Zeit zu denken.
Weiterer dringender Einsatz.
– sanados

Zu spät gesehen

Zu spät gesehen

Ich habe das Auto nicht kommen sehen
und doch es war da.
Ich habe das Auto nicht kommen sehen
und doch habe ich es gerammt.
Ich habe auch die Frau nicht drinnen sitzen sehen.
und doch war sie da.
Ich habe die Frau nicht hinter dem Steuer gesehen
und doch bohrte sich meine Stoástange in die Fahrerseite.
Ich habe Ihr Blut nicht gesehen
und doch hat Sie viel davon verloren.
Ich habe die Rettungswagen nicht gesehen
und doch brachten sie die Frau ins Krankenhaus.
Ich kann die Frau jetzt sehen.
Jetzt, wo Sie unter der Erde liegt.
– sanados